Unser Metabolismus verändert sich, wenn wir älter werden. In den 20ern konntest du essen was du wolltest, wann du wolltest, wie du wolltest. Und hast nicht zugenommen.
Kaum kommt die 30 näher, ändert sich das schleichend. Und du entdeckst Speckrollen, wo vorher keine waren, siehst insgesamt weniger fit aus, Hosen von früher passen nicht mehr und dein Körper verändert sich.
Holy F…! Du wirst alt.
Und damit verändert sich dein Stoffwechsel. Er wird ‚langsamer‘. Schläft ein. Und du? Nimmst zu.
Klingt das nach dir?
Gut, dann kannst du direkt weiterlesen. Denn: So weit, so falsch.
Heute sprechen wir darüber:
- Warum die Erzählung von deinem sich verlangsamenden Stoffwechsel Blödsinn ist.
- Warum das Problem weniger mit deinem Metabolismus, sondern mehr mit deinem Leben zu tun hat.
- Und warum es wirklich feige ist, dich hinter deinem Stoffwechsel zu verstecken.
Wird nicht allzu schlimm. Versprochen.
Ready?
Dann lass uns loslegen.
Was ist dieser Metabolismus und warum muss er ständig einschlafen?
Als Metabolismus bezeichnen wir unseren Stoffwechsel – also der Prozess, mit dem unser Körper Nährstoffe in Energie umwandelt.
Wenn man von einem langsamen, sich verlangsamenden oder gar eingeschlafenen Stoffwechsel spricht, dann meint man damit, dass der Körper weniger verstoffwechselt, als er das zu einem bestimmten anderen Zeitpunkt in der Vergangenheit getan hat.
Was versteckt sich also hinter der Formulierung?
Der Vergleich eines Ist-Zustandes mit einem vergangenen Zustand. Ich vergleiche mich mit meinem Ich von vor … 1 Jahr? 3 Jahren? 5 Jahren?
Wenn Menschen von ihrem eingeschlafenen Stoffwechsel und dem langsamer werdenden Metabolismus sprechen, dann sind sie meist Mitte 30, vielleicht Anfang 40. In aller Regel bezieht sich der Vergleich also auf den Metabolismus, den der oder diejenige hatte, während sie oder er in den 20ern war.
Die Rede von diesem unsäglichen Faulpelz Metabolismus ist also gleichzeitig eine Gegenüberstellung von jetzigem Ich mit damaligem Ich.
Let the Games begin.
Bei dir ist mehr eingeschlafen als nur der Stoffwechsel?
Sprich mit mir darüber.
Warum lässt sich dieser Metabolismus so viel beeinflussen? Und von wem überhaupt?
Der Stoffwechsel ist mehr als eine Zahl, wird aber meist als eine solche angegeben. Der Grundumsatz des Menschen wird in Kcal bemessen, die der Körper verbraucht, wenn er sich ausschließlich in Ruhe befindet und lediglich am Leben erhalten wird. Jede Aktivität trägt zur Erhöhung dieses Grundumsatzes bei, weshalb wir dann von Leistungsumsatz sprechen.
Wie hoch die Zahl des Grundumsatzes ist, hängt von einigen physiologischen Faktoren ab: der Körpergröße und dem Gewicht, beispielsweise. Denn je größer und schwerer ein Körper ist, desto mehr Energie muss aufgebracht werden, um ihn am Leben zu erhalten.
Das gilt aber nicht für jeden Körper gleichermaßen – denn ein entscheidendes Differenzkriterium ist die Magermasse: also der Anteil der Muskulatur am Gesamtgewicht. Muskulatur hat, vereinfacht ausgedrückt, einen höheren Energiebedarf als Fettmasse. Muskeln müssen kontrahieren, also ständig arbeiten, während Fett ‚getragen‘ wird und nicht selbständig stoffwechselaktiv ist.
Damit wird deutlich, dass der Metabolismus also tatsächlich viel mehr von der Muskelmasse als vom reinen Gewicht abhängt. Hinzu kommen einige andere Faktoren wie die Temperatur (Frieren oder Schwitzen zwingen den Körper zu ‚Aktivität‘, brauchen also Energie), der psychologische Zustand (Stress und Angst wirken tatsächlich auf den Aktivitätsgrad des Körpers und können den Stoffwechsel somit ebenfalls beeinflussen) und schließlich der Hormonhaushalt.
Hormone steuern als chemische Botenstoffe viele physiologische Vorgänge und haben somit auch einen direkten Einfluss auf den Metabolismus.
All diese Faktoren lassen sich nicht wegdiskutieren, aber der entscheidendste und wichtigste – weil größte – Aspekt ist die Muskelmasse.
Muskeln, anyone?
Im Fitnessbereich sprechen wir gern von ‚Body Comp‘, oder Körperzusammensetzung. Damit meinen wir in der Regel das Verhältnis von Muskelmasse zu Körperfett. Und dieses Verhältnis hängt natürlich viel mit Lebensstil, Aktivitätslevel, natürlich auch der Trainingshäufigkeit usw. zusammen.
Tatsächlich geht es aber nicht nur um Krafttraining, denn natürlich tragen auch Vereinssportarten, die viele von uns in ihrer Jugend ausgeübt haben, zu einem positiven Verhältnis von Muskulatur und Körperfett bei.
Dein Leben in ein paar Sätzen
Ja – Jugend. Denn auf wie viele Menschen trifft die klassische Adoleszenzerzählung des jungen Menschen zu, der in der Jugend zum Fußball, Handball, Volleyball ging, in der Freizeit mit seinen Freunden herumrannte, später vielleicht auf Dorfplätzen rumhing, noch später in Discos, als StudentIn im Unisport oder dem Fitnessstudio aktiv war, viel Fahrrad fuhr oder lief, weil das Auto zu teuer war, generell viel unternahm, weil mehr Zeit zur Verfügung war und dann, Mitte, Ende 20 mit dem ersten Job etwas passierte, was man als ‚Deskbound‘ bezeichnet.
Schon während der Abschlussarbeiten merken viele Studierende, dass sich mit dem Gewicht etwas verändert, weil plötzlich erstmals eine Routine Einzug hält, die gezwungenermaßen aus: Schreibtisch!, besteht.
Ob im ersten Job, bei der Bachelor- oder Masterarbeit, in der Ausbildung – für viele ist der entscheidende Punkt, an dem sich die Body Composition erstmals nachhaltig verändert nicht ein bestimmtes Alter, sondern eine bestimmte Art der Lebensführung.
Der Metabolismus hat weder bei der jungen Masterstudentin, noch beim Bank-Azubi, noch bei der Volontärin in einem großen Pressehaus, noch beim Trainee on the Job bei Daimler etwas damit zu tun, dass Hosen ein wenig enger, die Haltung ein wenig vorgebeugter, die Schmerzen im unteren Rücken etwas intensiver und die Haut am Bauch etwas umfangreicher wird.
Was sich verändert hat ist nicht der Stoffwechsel. Was sich verändert hat ist das Leben.
Du wolltest eigentlich sportlich sein, dann kam das Leben dazwischen? Coaches sind dazu da, dir zu zeigen, wie es dennoch funktioniert.
Veränderung, Verantwortlichkeiten, Verbindlichkeiten - Verzweiflung – aber der arme Metabolismus kann nichts dafür
Die Veränderungen in Beruf und Bewegung sind häufig begleitet von Ernährungsgewohnheiten, die nicht immer positiv sind. Knappe Zeitfenster zwingen erstmals zu schnellen und nicht immer klugen Entscheidungen wenn es um Mahlzeiten geht, prallere Geldbeutel erlauben häufigere Restaurantbesuche, der Alkoholkonsum wird nicht zwangsläufig mehr, aber schlechter vertragen (weil hormonelle Prozesse zu langsamerer Regeneration führen) und das Ganze findet statt nach Bürotagen, -wochen, -jahren.
Finanzielle und sonstige Verbindlichkeiten kommen hinzu, die die sprichwörtliche Leichtigkeit aus der Phase des Heranwachsens vergessen lassen und zu einem großen Feind der ‚Lean Body Mass‘ führen: dem Stress.
Stress führt zu hormonellen Veränderungen im Körper, lässt das Cortisol steigen, was seinerseits häufig zur Einlagerung von Körperfett führt.
Schlaf kann häufig nicht mehr priorisiert werden, weil zwischen Arbeit, womöglich Familie und Freizeit oft nicht genug Zeit bleibt für 8h Nachtschlaf.
Hinzu kommt die Verantwortung für andere, für eine Familie, einen Partner oder eine Partnerin, vielleicht für ein gemeinsames Haus oder sonstige Projekte.
Kurz: es passiert unheimlich viel, was alles macht, aber sicher nicht den Metabolismus einschlafen lässt.
Kehren wir kurz zurück in die Jugend, als Aktivität und Bewegung große Teile des Tages ausmachten und unsere Verbindung zur Muskelmasse, die wir damals erkannten, wird sofort deutlich, dass sich in der Zwischenzeit etwas ganz anderes verändert hat: unser Verhältnis von Bewegung und Müßiggang zu Verpflichtungen und Zeitmangel.
Die Verzweiflung über den sich verändernden Körper ist Ausdruck der Verzweiflung darüber, dass sich unser Leben so sehr verändert hat, dass das, was uns als Menschen im Kern gesund hält, darin keinen Platz mehr hat.
Und dafür den Stoffwechsel verantwortlich zu machen ist: feige.
Bringing it all Together: Lasst den Metabolismus in Ruhe. Realtalk.
Hinter der Rede vom eingeschlafenen Stoffwechsel, der im Alter langsam wird, verbirgt sich eine Blindheit des inneren Auges, verbirgt sich die Unfähigkeit zur Introspektion und zur Überprüfung der Lebensentscheidungen und -umstände, die dazu geführt haben, dass die Mär vom müden Metabolismus überhaupt erfunden werden musste.
Wir wollen um jeden Preis verhindern uns einzugestehen, dass die Konstruktion unseres Alltags zwischen 40-Stunden-Arbeit, Couch, der Wunderwelt im Supermarkt wo nach dem Gemüse fast ausschließlich Fertigware kommt, sozialen Medien, die uns noch mehr an ein Gerät fesseln anstatt uns (Bewegungs-)Freiheit zu schenken, und einer Freizeitgestaltung, die nahezu ausschließlich sitzend stattfindet, eine ist, die nicht nur den Gürtel enger werden, sondern unsere gesundheitliche Basis bröckeln lässt.
Was sich verändert hat, ist nicht in uns, sondern um uns, und es ist unser Blick darauf, was uns umgibt, was dazu führt, dass wir fehl-priorisieren und uns dahinter verstecken, mit dem leicht wurstigen Finger auf den Spiegel zu zeigen und einer Konstante namens Stoffwechsel schwadronierend vorzuwerfen, sie sei faul und schläfrig, während in Wahrheit wir es sind, die faul und schläfrig sind – und schon gar nicht mehr zum Spiegel laufen, sondern gleich die Handycam benutzen für unsere Hasstirade gegen uns selbst.
Um aufzuwecken, was nie eingeschlafen war, genügt eine Umkehrung der Prioritäten. Es genügt eine Routine des Alltags, in der Dinge wie die sozialen Medien und der Bildschirm eine kleinere, und unser Körper und die Bewegung, die er uns erleben lässt, eine größere Rolle spielen.
Das heißt in keinem Fall, Sport zusätzlich in die Gleichung einzubauen, die wir unser Leben nennen, sondern ihn anderes ersetzen zu lassen.
Denn, und soviel steht fest, am wachsten ist der Metabolismus immer dann, wenn er unplugged ist. Unverkabelt, in seinem natürlichen Habitat, der frischen Luft (von der er sich – unglaublich, das! – regelrecht ernährt), das tun kann, wofür er da ist:
Energie produzieren aus Nährstoffen, die er aus eben der Natur bekommt, in der er sich bewegt. Und nicht aus Plastikverpackungen.
Wenn also wirklich noch jemand glaubt, dass sein Stoffwechsel eingeschlafen ist, darf er ihn gern mit diesem einfachen Trick aufwecken.
Und dafür jetzt der ganze Text?
Ja.
Denn Ihr wisst:
Simple. Not easy.
Bis zum nächsten #tarektalk.